Plötzlich stehen Lastkraftwagen vor der Tür. Sie waren nicht bestellt. Uniformierte wecken die Familie kurz vor Tagesanbruch mit Sturmklingeln. In vier Stunden sollen die privaten Sachen gepackt
sein. Was bis dahin nicht eingeladen war, durfte nicht mitgenommen werden.
Die Geschichte der Familie von Otto Schönemann klingt, als würde sie in Ostpreußen spielen - wie vor 60 Jahren, als die Menschen in Trecks vor der nahenden Front fliehen mussten. Aber sie spielt
1961, nahe der Elbe in der ältesten Stadt der Prignitzregion — in einem kleinen über 1000 Jahre alten Ort an der innerdeutschen Grenze. Es trifft eine Handwerkerfamilie mit 99jähriger
Tradition.
Der Sohn des Handwerkers ist der Autor dieser wahren Geschichte. Als 20jähriger trifft ihn und die 60jährigen Eltern die Aktion der DDR-Führung ,,Festigung". Im Parteideutsch der SED waren
Auszusiedelnde ,,Ungeziefer“, deren Traumatisierung erst nach dem Untergang der DDR aufbricht. Er beschreibt seine persönlichen Erlebnisse aus der Perspektive eines Opfers der kommunistischen
Diktatur.
Der Autor setzt Tausenden Zwangsausgesiedelten in seinem Buch ein literarisches Denkmal, reflektiert die politischen Bedingungen in der DDR, die Repressalien und Beschränkungen, aber auch den
Zusammenhalt und die gegenseitige Hilfe der Menschen untereinander. Enttäuscht resümiert er die völlig unzureichende Aufarbeitung der SED-Diktatur, den ungeahnt milden juristischen Umgang mit den
Tätern seit 1990 sowie die saturierten Renten für das SED- und Stasi-Führungspersonal. Die Politik verweigert den Zwangsausgesiedeten bis heute die Herstellung ihrer Würde. Sie erhielten bisher
nicht einen Cent Entschädigung.
Berlin 2011, Broschur, 14 x 2 1cm
374 Seiten, 19,90 €
ISBN: 978-3-942437-02-8