Stefan Wolle beendet mit diesem Band seine große DDR-Trilogie, die in ihrere Art auf dem deutschen Buchmarkt unvergleichlich ist. Als »glänzendes Beispiel für erzählende Geschichtsschreibung« wurden schon »Die heile Welt der Diktatur« und »Aufbruch nach Utopia« von der Kritik gelobt.
Mit »Der große Plan« kommt Wolle zu den Anfängen der DDR. Fünf Grundthemen bestimmen das Leben in den fünfziger Jahren: Fremdsteuerung durch die sowjetische Großmachtspolitik, die Diktatur einer Partei, das Primat der Ideologie, das Dilemma, zwar ein Staat, aber keine Nation zu sein und die Kommandowirtschaft. Der Mensch sollte Herr der Geschichte, Schöpfer seiner selbst und Meister über die Naturkräfte sein. So sah es »der große Plan« der kommunistischen Führung vor. Neben der organisierten Begeisterung, gab es für dieses Ziel durchaus auch echte Zustimmung. Viele junge Menschen suchten nach dem Krieg Orientierung. Die neue Gesellschaft hatte Machtverhältnisse, Besitzstände, Rechtsnormen, Sozialstrukturen vom Kopf auf die Füße gestellt. Die ideologischen Parolen und einfachen Erklärungsmuster besaßen durchaus eine Verführungskraft.
Stefan Wolle bekennt sich zur eigenen Subjetivität bei der Betrachtung von Zeitgeschichte, ohne den wissenschaftlichen Anspruch zu vernachlässigen. Er polarisiert nicht zwischen positiver Alltagsgeschichte einerseits und negativer Repressionsgeschichte andererseits, sondern er will die Anhänger der sozialistischen Idee in ihren Motiven und aus ihrer Zeit heraus verstehen und darstellen. So zeichnet er ein dichtes atmosphärisches Gesamtbild Ostdeutschlands und verwendet dazu viele Zeugnisse des alltäglichen Lebens und illustrierende Beispiele. Erfrischend leicht gelingt es ihm, Alltags- und Herrschaftsgeschichte zu verweben, Sittenbild und Analyse zu mischen. Den grotesken Zügen des Realsozialismus gibt er ebenso Raum wie den tragischen Bildern kollektiver Erinnerung.
»Stefan Wolle schreibt mit der Souveränität desjenigen, der ein System überwunden weiß.« (Der Spiegel) Seine Bücher können zu einer Betrachtung der DDR beitragen, die ohne Dämonisierung oder Verklärung auskommt.
440 Seiten, 9 Abbildungen
Festeinband mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-86153-738-0
29,90 €
Über den Autor
Jahrgang 1950, Studium der Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin, 1972 Relegation aus politischen Gründen, Arbeit in einem Produktionsbetrieb, 1976?89 Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1984 Promotion, 1990 Mitarbeiter des Komitees für die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit, 1991?96 Assistent an der Humboldt-Universität, 1996?98 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 1998?2000 Referent bei der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, danach freier Autor, zeitweilige Mitarbeit im Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin, seit 2005 wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums Berlin.
Artikel über alle drei Bände
DAS POLITISCHE BUCH: Alltagsgeschichte der DDR
Stefan Wolle: "Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1949-1989." Ch.Links Verlag, Berlin. 1360 Seiten. 59,90 Euro
Stefan Wolle: "Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1949-1989" (kann auch angehört werden)
Artikel zu den drei Bänden von Stefan Wolle
Über die Schwierigkeit, ein Experte für »Alltag und Herrschaft in der DDR« sein zu wollen