Pünktlich zum 15. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November liefert Wolfgang Herles eine provozierende Aufarbeitung der deutschen Einheit und fordert, den Wunschtraum vom »Einig Vaterland« endlich zu begraben.
»Deutschland – einig Vaterland« war immer schon eine Fiktion der Idealisten, eine Wunschvorstellung, die es in Wirklichkeit nie gegeben hat. Tatsächlich hat gerade die hart erkämpfte deutsche Einheit 1990 das Land nur noch tiefer gespalten: In Ost und West, in Arm und Reich, in Profiteure und Zahler. Die »blühenden Landschaften in Ostdeutschland« sind ferner denn je, die gesamtdeutsche Wirtschaft wird durch die falsch konzipierte Vereinigung gelähmt: Statt der versprochenen Zuwachsraten gibt es Stillstand, ja sogar Rückschritt. Das gesamtdeutsche Nationalgefühl ist ein Relikt aus der historischen Mottenkiste und nicht wieder zu beleben: Weiterhin gibt es zwei Gesellschaften, eine ost- und eine westdeutsche. Schon jetzt ist absehbar: Die »Wiedervereinigung« wird Deutschland länger belasten, als die DDR existiert hat.
Zum Autor
Wolfgang Herles, geboren 1950, studierte Neuere Deutsche Literatur, Geschichte und Psychologie und promovierte 1980. Lange Zeit war er als politischer Journalist tätig, unter anderem als Leiter des ZDF-Studios Bonn. Der Autor zahlreicher Sachbücher leitet und moderiert das Kulturmagazin »aspekte« des ZDF.