Am 9. November 1989 „fiel die Mauer”, mit diesem Stichtag wird die Geschichte des Anschlusses der DDR an die BRD überschrieben. Damit ist der 9. November eine Chiffre für eine Entwicklung
geworden, die lange vorher begann und auch mit dem Datum vom 3. Oktober 1990, dem Tag des offiziellen Beitritts, nicht ihren Abschluß fand. Aber in diesem Zeitraum vom 9. November 1998 bis
zum 3. Oktober 1990 – in nicht ganz einem Jahr – veränderte sich das Erscheinungsbild Deutschlands mit Auswirkungen bis in unsere Zeit hinein – zehn Jahre später.
„Deutsche – Zehn Jahre nach der Wende” soll ein Blitzlicht auf ausgewählte Aspekte des Einheitsprozesses werfen. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes beschäftigten sich mit zwei
Problemfeldern: Ein Teil der Aufsätze ist der politisch-psychologischen Betrachtung der Deutschen zehn Jahre nach der Wende gewidmet, der andere beschäftigt sich mit den Auswirkungen des
Vereinigungsprozesses auf das psychosoziale Problemverhalten der Deutschen.
Der Übergang zwischen beiden Themenbereichen ist fließend, wie die Inhalte
deutlich machen.
Politisch-psychologischen Fragestellungen kommt in der empirischen Erforschung des Vereinigungsprozesses ein besonderer Stellenwert zu. In Westdeutschland stand in den letzten Jahren der Bonner
Republik die Vereinigung
der beiden deutschen Staaten nicht mehr in dem selben Maß auf der Tagesordnung, wie in den Gründerjahren. Diese mangelnde Präsenz im öffentlichen Bewußtsein darf aber nicht darüber
hinwegtäuschen, daß die Vereinigung immer vor dem Hintergrund des von Nazi-Deutschland geführten Angriffskrieges und betriebenen Zivilisationsbruches stand, der zu der Teilung geführt hat.
Die deutsche Vereinigung stand und steht, wie Brede und Krovoza es formulierten (1992), „unter dem Einfluß einer unerledigten psychosozialen Vorgeschichte”, einer psychosozialen
Vorgeschichte, die in beiden deutschen Staaten in unterschiedlicher Qualität und Quantität aufgearbeitet worden ist. So sind in den vierzig Jahren getrennter geschichtlicher Entwicklung
unterschiedliche Formen alltagskulturellen Handelns entstanden, die in alle Bereiche des Lebens
hineinwirken. Hier besteht noch ein sehr großer Forschungs- und Aufklärungsbedarf. Anhand ausgesuchter Problemfelder der psychosozialen
Versorgung werden im vorliegenden psychosozial-Heft die Differenzen bei den Helfern – Ärzten, Psychologen, Beratungsstellen – wie auch bei betroffenen Personengruppen beschrieben.
Decker, Oliver; Brähler, Elmar (Hrsg.)
psychosozial 80: Deutsche - 10 Jahre nach der Wende
(23. Jg., Nr, 80, 2000, Heft II)
Zeitschrift: psychosozial
144 Seiten, Broschiert, Format: 165 x 240 mm
Erschienen im April 2000
ISBN-13: 01713434 (3898060179), ISBN-10: 0171-3434 (3-89806-017-9)
Bestell-Nr.: 1017