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Als Künstler, Schriftsteller und Dissidenten zusammen mit ihren Familien in den 70er und 80er Jahren die DDR verlassen mussten, blieb vieles zurück: vertraute Gesichter, vertraute Orte, ganze Familienge-schichten. Viele aus der Generation von Wolf Biermann haben über ihre Zeit dort und hier, von Ost nach West, von der DDR in die Bundesrepublik, geschrieben – wichtige Beiträge zur Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung. In diesem Band ergreifen zum ersten Mal die Kinder von damals das Wort und sprechen über den „Systemwechsel der Seele“. Es sind Erinnerungen von Glück oder Unglück, von Befreiung oder Unsicherheit, von geschärfter Sensibilität oder Verweigerung – vor allem aber erzählen die jungen Frauen und Männer jetzt ihre Geschichte. Sie wurden in jungen Jahren aus ihrem gewohnten Leben herausgerissen und mussten im Westen neu anfangen: Susanne Schädlich war zwölf, ihre Schwester Anna vier, als sie zusammen mit ihren Eltern, dem Schriftsteller Hans Joachim Schädlich und dessen Frau, 1977 das Land verlassen mussten, das ihre Heimat war. Wie ihnen erging es vielen anderen, deren Familien damals denselben Weg gingen, zwangsweise oder aus eigenem Antrieb. Was weiter war, darüber ist vor allem geschwiegen worden – bis jetzt. Ob Moritz Schleime sich mit großer Erzähllust seinem „Doppelleben“ als Kind annähert, Nadja Klier sich den „Schatten auf der Seele“ stellt oder Julia Franck zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Cornelia erzählt – es sind eindringliche und eindrucksvolle Berichte von dem zentralen Bruch im Leben, mit denen Johannes Honigmann, Moritz Kirsch, Moritz Krawczyk, Anna Langhoff, Jakob und Benjamin Schlesinger und viele andere hier erstmals an die Öffentlichkeit treten. Für alle gilt: Sie wurden in die Biographie und in die Erlebnisse ihrer Eltern mit hineingezogen. Das Leben in der DDR, die politischen Auseinandersetzungen der Erwachsenen waren ein Thema, das im bundesrepublikanischen Dasein der Familie nicht abgeschlossen werden konnte, auch nicht nach dem Mauerfall und der Öffnung der Stasiakten 1992. Dieses Buch gibt eine Fülle von Lebenseinblicken: die Familienkonstellationen, die unterschiedlichen Gegenden, in denen das Leben weiterging, die Verunsicherungen durch den Staatenwechsel und die individuellen Erlebnisse beeindrucken durch ihre Vielfalt. In der Summe jedoch sind sie die Stimme einer Generation, die die politische Situation des zweigeteilten Deutschland und danach widerspiegelt. Ein längst fälliges Buch zu einem bislang nicht thematisierten Aspekt der deutsch-deutschen Geschichte. 


Heyne-Verlag (anklicken zur Leseprobe)

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 320 Seiten,13,5 x 21,5 cm
s/w-Fotos im Text
ISBN: 978-3-453-20008-1
€ 19,99


© Petra Konschak
© Petra Konschak

 

Anna Schädlich, geboren 1973 in Berlin, studierte Kunstwissenschaft und arbeitet u. a. als freie Kuratorin. 2010 für die BStU Neukonzeption der Ausstellung des Menschenrechtszentrums Cottbus e. V.: »Künstler in Gefangenschaft – Gefangene, die zu Künstlern wurden«.

© Jürgen Bauer
© Jürgen Bauer

 

Susanne Schädlich, geboren 1965 in Jena, ist Schriftstellerin und Übersetzerin. 2009 veröffentlichte sie den Bestseller »Immer wieder Dezember – Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich«. 2011 erschien ihr jüngstes Buch »Westwärts, so weit es nur geht«.


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Artikel zum Buch

"Ich bin mitgegangen worden"

dradio.de, 15.5.2012

Artikel zum Buch

Die Ausreise aus der DDR

"Ein Spaziergang war es nicht - Kindheit zwischen Ost und West"

In den 70er und 80er Jahren mussten zahlreiche Künstler und Schriftsteller mit ihren Familien die DDR verlassen. Die Kinder wurden nicht gefragt, sondern einfach aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen. Diese schwierigen Erfahrungen der mittlerweile erwachsenen Frauen und Männer sind zusammengefasst in einem Buch zu finden „Ein Spaziergang war es nicht – Kindheit zwischen Ost und West“. Im Interview sind die Herausgeberin Susanne Schädlich und die Autorin Nicki Pawlow

european-circle, 12.3.2012