In diesem Ost-West-Briefwechsel geht es um nichts weniger als um ein Drama. Ingeborg war eine wissbegierige Studentin und talentierte Schauspielerin, die unter den wegen der deutschen Teilung kaum erfüllbaren Liebessehnsüchten zu ihrem Geliebten außerordentlich gelitten hat. Als sie überdies von der Stasi angeworben wurde und nach wenigen Monaten wieder aussteigen wollte, bestand ihr vorrangiges Ziel darin, in den Westen zu fliehen. Dies gelang ihr im Mai 1965 mit Hilfe eines dubiosen Fluchthilfeunternehmens. Die Freude über ihre neugewonnene Freiheit und das Zusammenleben mit ihrem Geliebten dauerte jedoch nicht lange. Nur wenige Wochen später endete sie durch einen illegalen Abtreibungsversuch. Die junge Frau starb bereits mit 22 Jahren.
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Am 13. August 2011 jährt sich zum 50. Male der Tag des Mauerbaus in Berlin. Über 28 Jahre hielt dieses Monstrum, angeblich die Feinde des sozialistischen
Aufbaus in der DDR abschreckend und antifaschistischer Schutzwall heißend, so als sei die westdeutsche Demokratie der direkte politische Nachfolger Hitlerdeutschlands. Das
Ergebnis waren nicht nur politische Verwerfungen in Europa und einer der Höhepunkte des Kalten Krieges – der Riss durch die deutsche Nachkriegsgesellschaft ging bis hinunter zu
Familien- und Liebesbeziehungen. All dies ist längst Geschichte, doch mit Wirkungen bis heute, und manches wird erst jetzt öffentlich.
So das tragische Ost-West-Verhältnis zwischen Ingeborg König (Jena) und Traugott König (Westberlin), die sich vor dem Mauerbau lieben lernten, aber der Jenaer Germanistik-Studentin und ihrem Westberliner Cousin war kein Happy End beschieden. Kurz nach ihrer geglückten Flucht nach Westberlin starb Ingeborg König im Alter von nur 22 Jahren nach einer offensichtlich missglückten Abtreibung. In den späten 1990er Jahren entdeckte Karin König aus Hamburg, eine Verwandte, im Nachlass Traugott Königs die Briefe Ingeborgs an ihren Cousin und beschloss, diesen Briefwechsel zu veröffentlichen, der im wesentlichen aus den Handschriften Ingeborgs besteht, weil die Antworten Traugotts entweder von der Stasi einbehalten bzw. vor der Flucht der jungen Frau aus der DDR von ihr vermutlich verbrannt wurden. Diese Briefe sind nicht nur Spiegel einer Liebesgeschichte, sie sind zugleich Zeitspiegel, denn die junge Germanistin besaß einen wachen Intellekt, der ihr in den frühen 1960er Jahren die Balance zwischen Anpassung und Aufbegehren an einer nunmehr sozialistischen Universität ermöglichte. Zugleich schildert die Jenaer Studentin ihren Alltag, geprägt von Geldsorgen, dem Stress des obligatorischen Unterrichts in Marxismus-Leninismus bis hin zu den allfälligen Ernteeinsätzen und der Hoffnungslosigkeit, je mit ihrem Geliebten auf Dauer zusammenkommen zu können. Über die Briefe erschließt sich dem Leser eine Epoche mit vielen zum Teil tragischen Momenten – eine Liebe im Schatten der Mauer. So wird deutlich, wie unmenschlich die damalige SED-Führung handelte, als sie den Mauerbau am 13. August 1961 anordnete, obwohl SED-Chef Ulbricht wenige Wochen zuvor vor der internationalen Presse beteuerte: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ |
Verlag Format Publishing GmbH Jena
230 S.
14.30 €
ISBN: 978-3-9814352-0-7